Mein Chef ist das SEO-Problem: Strategien für Mitarbeiter [Search Camp Episode 128]

19. Mai 2020 | Von in Podcast "Search Camp", SEO

Ein Mitarbeiter eines Unternehmens will ein SEO-Tool haben, ein SEO-Seminar buchen oder Budget für Content – und der Chef lehnt das ab. Woran kann das liegen? Welche Strategien gibt es in welchen Situationen? Ein Überlebensratgeber – und eine Versteh-doch-mal-Deinen-Chef-Episode.

 

 

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Transcript

Herzlich willkommen zu einer neuen Search Camp Folge, heute mit dem Thema „Mein Chef ist das SEO-Problem“. Manchmal ist das wirklich so. Ich habe das relativ oft in Seminaren, dass dann jemand sagt: Ich wollte gerne das und das, aber mein Chef will das auf gar keinen Fall. Ich finde es ein spannendes Thema und deswegen habe ich mir dazu ein paar Gedanken gemacht. Vielleicht kurz vorab, zu einem ähnlichen Thema habe ich auch eine Podcast-Folge aufgenommen mit Niels Dahnke. Die wird wahrscheinlich im Juli gesendet, könnt ihr euch jetzt auch schon drauf freuen, wo es um ein ähnliches Thema geht, also wie arbeitet man da eigentlich so zusammen und was, wenn der eine nicht so will wie der andere.

Erstmal grundsätzlich, ich war immer Chef, ich war noch nie Angestellter, also als Schüler vielleicht mal, aber das ist echt lange her. Da fehlt mir ein bisschen die Erfahrung, gleichwohl kann ich das natürlich aus dem ableiten, was ich so aus meiner Chefposition mitbekomme. Ich hoffe, dass ich euch da hinreichend viel mitgeben kann heute.

Setup ist natürlich: Wir haben einen Mitarbeiter, der macht SEO und wir haben einen Chef da oben, der vielleicht wenig oder keine Ahnung davon hat. Also böse gesagt, das, was bei jedem Mittelständler passiert, aber auch in vielen Konzernen. Je mehr Hierarchiestufen ich habe, desto wahrscheinlicher ist es natürlich, dass der, der ganz oben sitzt, keine Peilung mehr von SEO hat, weil eben je weiter oben man ist, desto mehr Generalist ist man. Natürlich kann es durch Zufall mal passieren, dass sich jemand damit auskennt, aber so richtig wahrscheinlich ist das nicht.

Und dann gibt es halt so Sachen wie, ein Mitarbeiter will ein bestimmtes Tool, ein Mitarbeiter will zu einem Seminar, ein Mitarbeiter will zu einer Konferenz, will Budget für Content, will Budget für einen neuen Mitarbeiter, all diese Sachen passieren. Und der Chef sagt: Nein. Und macht damit etwas, was erst mal für mich blöd ist. Wenn man sich das Ganze natürlich erst mal anguckt, da sind einfach zwei Menschen, die kommunizieren miteinander, das heißt, es gelten natürlich die üblichen Regeln, dass man erst mal wertschätzend miteinander umgeht und das ganze Zeugs kennt ihr alle. Früher war das anders, da hat der Chef einen noch fies angeschrien, machen wir heute nicht mehr, ist auch besser so. Da reden zwei Menschen miteinander, idealerweise zwei und da stellt sich natürlich immer die Frage oder zwei Fragen eigentlich.

Frage 1 ist: Versteht der Chef überhaupt, was ich von ihm möchte? Zweite Frage ist: Erkennt er, wenn er das versteht, die Relevanz und die Priorität dessen?

Da gibt es natürlich viele Sachen, die da schieflaufen können. Der Mitarbeiter redet über Technik, aber der Chef hat gar keine Ahnung von Technik, hat er ihn schon abgehängt. Wird er sehr wahrscheinlich nicht das Geld kriegen, außer wenn der Chef sagt, hey, das klang jetzt irgendwie super.

Aber auch manchmal einfach unterschiedliche Welten, in denen Mitarbeiter oder Menschen unterwegs sind. Der Mitarbeiter redet über Sichtbarkeit, der Chef interessiert sich nur für Umsatz oder für Marktanteil. Da kommt man natürlich auch relativ schlecht zusammen.

Grundsätzlich muss man natürlich immer sagen: Der Chef ist jetzt kein schlechter Mensch. Er sieht die Dinge einfach nur anders. Er hat den größeren Blick, hat allerdings oft kein tiefes Fachwissen. Und grundsätzlich hat der Chef natürlich das Problem, dass viele Mitarbeiter zu ihm kommen und ihm irgendwas auf den Tisch legen. Und typischerweise wird er erst mal entscheiden müssen und er wird eben auch vielleicht priorisieren müssen. Er muss sagen, okay, das mit dem SEO, das machen wir jetzt und das mit der Printkampagne, das machen wir jetzt vielleicht nicht. Und da hilft es definitiv immer alles in seine Sprache zu übersetzen und vor allem ihn nicht mit unnötigen Details zu langweilen. Also: Spart euch den Tech Talk und versucht es wirklich in die Welt des Chefs zu übersetzen, versucht euch in seine Schuhe zu stellen und einfach mal zu sagen sowas: Was ist für dich eigentlich wichtig? Also was muss erfüllt sein, damit du dem Ganzen zustimmen kannst, lieber Chef?

Ich habe ein paar Situationen herausgesucht, die ich gleich mit euch durchsprechen möchte, die passieren können. Aber trotzdem muss man natürlich am Ende des Tages sagen: Der Chef ist und bleibt der Chef. Okay, manchmal wird er rausgeschmissen, aber wenn man jetzt mal davon ausgeht, dass dem nicht so ist, er bleibt und er wird auch entscheiden. Und in der Folge hast du aber immer noch die Option zu bleiben oder zu gehen. Auch das muss klar sein. Das heißt, wenn du merkst, du kommst da nicht vorwärts, wenn du merkst, du wirst da nicht wertgeschätzt, dann ziehst du eben deine Konsequenzen. Das ist erst mal völlig klar. Ich hoffe natürlich, darum geht es mir auch gar nicht, dass ihr diese Option zieht für euch, aber natürlich trotzdem, wenn man so ins Coaching abdriftet, wenn es nicht läuft, dann wirst du es wahrscheinlich auch nicht mehr zum Laufen bringen, dann gehe bitte einfach. Das noch so ein bisschen das Coach-Geplänkel vorweg. Lasst uns mal über konkrete Situationen reden.

Situation Nummer 1: Der Chef gibt kein Budget frei für bestimmte Maßnahmen, für bestimmte Tools, vielleicht zusätzliches Personal.

Und typisch ist eigentlich für den Chef und das sehe ich bei mir auch immer so, Ausgaben interessieren mich eigentlich gar nicht so sonderlich, mich interessieren Einnahmen. Das heißt, das ist einfach eine klare Chance für dich. Du musst die Maßnahme für den Chef übersetzen.

Also argumentiere nicht mit mehr Klicks, die interessieren mich eigentlich nicht, sondern mehr Umsatz. Oder eben der Blick auf den Wettbewerber, wenn du sagst, alle unsere Wettbewerber machen das und wir nicht gleich, wir fallen hier zurück, dann ist das ein ganz klares Argument für den Chef zu sagen: Ja okay, das will ich natürlich auch nicht.

Und manchmal, wenn es um Budget geht, muss ich dir vielleicht auch raten, vielleicht das Projekt ein bisschen kleiner zu stapeln. Du wolltest eigentlich 100 Content-Seiten, das kostet echt eine Menge Geld, und der Chef sagt erst mal Nein. Er sagt aber nicht Nein, weil er dich nicht mag oder das grundsätzlich für Quatsch hält, sondern ihm ist vielleicht dieses Einnahmenpotenzial noch nicht ganz klar oder das ist vielleicht auch dir noch nicht ganz klar. Und dann ist es vielleicht ein effektiver Weg dieses Projekt zu verringern und zu sagen: Lasst uns doch statt der 100 Content-Seiten erst mal 10 Content-Seiten machen, dann beweise ich dir lieber Chef, welchen Erfolg das bringt und dann kriege ich die Freigabe für den Rest. Fühlen sich beide Seiten deutlich besser. Der Chef weiß, okay, die 10 Content-Seiten, die jetzt geschrieben wurden, die haben ja schon richtig viel Umsatz gebracht. Also wenn es die 90 weiteren auch tun? Und du hast natürlich auch ein bisschen breitere Schultern bekommen, weil du deinem Chef gezeigt hast, hier das, was ich gemacht habe, das hat nicht nur Geld verschlungen, das hat was gebracht für dich, lieber Chef, fürs Unternehmen vor allem auch. Deswegen das mit dem kein Budget, ich weiß, ich höre das oft gerade auch so mit den Tools, das ist oft ein Problem. Selbst so Lizenzen, die einfach lächerliche Beträge kosten, aber viele Leute kommen dann da trotzdem nicht mit durch. Also so ein Screaming Frog zum Beispiel, wo Leute zwei, drei Jahre buhlen müssen, um diese Lizenz zu bekommen, die eigentlich nichts kostet, aber noch mal, wahrscheinlich versteht der Chef einfach nicht, was man damit machen kann. Das heißt, wenn du ihm dann zum Beispiel zeigst, hier, wir können damit rechtzeitig Probleme auf der Website erkennen, zum Beispiel täglich können wir unsere Website automatisiert crawlen und ganz schnell Fehler finden, die uns auch Umsatz kosten würden. Dann ist es was anderes als einfach nur zu sagen, ich brauche dieses Tool.

Situation Nummer 2: Der Chef will bestimmte Aspekte, die nicht SEO-tauglich sind.

Das ist auch so ein Klassiker, grad bei einem Relaunch. Ich begleite ja auch viele Relaunche und manchmal hast du dann Sachen dabei, wo du sagst, würde ich so nicht machen. Also Klassiker wie, der Chef will den Onepager haben, ich meine, das ist jetzt nicht mehr so der heiße Scheiß, aber passiert dann trotzdem noch.

Oder Domain-Strategie, dass wir sagen, nee, wir verteilen das alles auf drei Domains, zum Beispiel einen Blog machen wir auf einer separaten Domain. Da wird der SEO natürlich immer sofort sagen: Nee, lass mal, das jetzt lieber nicht.

Ich finde bei allen diesen Sachen wichtig, dass du deinem Chef vor allem klarmachst, dass alles, was auf der Website passiert, SEO-Implikationen hat, egal was er macht, egal was er plant, es ist wichtig, dass er es voll mit dir abspricht und dass er dich „in the loop“ hält.

Es ist wichtig, dass du da wirklich auch breite Schultern zeigst, dass du sagst, Chef, du machst dein Zeug, aber was SEO ist, das geht über meinen Schreibtisch. Das ist wichtig das klar zu machen und das einmal abzustecken. Auch noch mal klar zu sagen, das ist ja oft keine böse Absicht, wenn da irgendwas gemacht wird. Lieber Chef, du willst ja auch gute Rankings, aber von vielen Maßnahmen kennst du einfach die Konsequenzen nicht und ich kenne sie und deswegen möchte ich, dass alles über meinen Schreibtisch geht. Und wenn er was vergisst, dann steht man wieder vor ihm und sagt, wir hatten eine Absprache, wir haben eine verbindliche Absprache getroffen, und die ist hier nicht eingehalten worden. Also, an diesem Versprechen muss man erst mal dranbleiben.

Manchmal, wenn der Chef sowas will, was nicht SEO-tauglich ist, muss man einfach sagen: Wir finden einen Kompromiss. Zum Beispiel der Chef will den Onepager haben, meine Güte, gib ihm den scheiß Onepager. Dann musst du halt darauf bestehen, dass du deine Unterseiten kriegst, die den negativen Effekt vom Onepager wieder ausgleichen.

Manchmal ist es bei solchen Sachen leider auch so, dass der Prophet im eigenen Haus nichts zählt. Ich erlebe das total oft, oder nee, total oft stimmt nicht, aber ich war relativ oft in den letzten Jahren so in Meetings als Berater, wo ich sagen muss, ich weiß gar nicht, warum ich hier bin, ihr habt doch die ganze Kompetenz im Haus. Warum soll ich jetzt nochmal das Gleiche sagen, was der Angestellte auch gesagt hat? Aber von mir zählt es einfach mehr. Und manchmal, ganz ehrlich, muss einfach jemand von außen kommen und sagen: Nee, das stimmt hier einfach nicht. Das Chef, was du da möchtest, das funktioniert nicht und dein Inhouse-SEO hat dir das vollkommen richtig gesagt. Ist ja manchmal auch für mich frustrierend, das ist zwar leicht verdientes Geld, irgendwohin zu fahren und zu sagen, was vollkommen offensichtlich ist, aber manchmal muss eben das genau sein.

Manchmal, das war eher in der Vergangenheit ein Problem, wollte der Chef dann auch ein ganz bestimmtes Contentmanagement-System oder Shopsystem, irgendwas, was total fancy ist, was die anderen Kumpels auf dem Golfplatz auch haben, was SEO-technisch jetzt allerdings nicht unbedingt das Beste ist. Auch da muss man dann leider eben versuchen zu argumentieren oder im Worstcase dann eben auch einfach damit klarkommen, dass dieses System dann da ausgewählt wird. Für solche Sachen würde ich schon kämpfen, weil gerade sowas wie ein Contentmanagement-System oder Shopsystem ist einfach eine Sache, die meistens fünf, sechs, sieben Jahre hält. Und es ist wichtig diese Entscheidung richtig zu treffen und die sollte nicht auf dem Golfplatz getroffen werden.

Situation Nummer 3: Der Chef will Sachen, von denen er sich einen SEO-Vorteil verspricht, obwohl das unwahrscheinlich ist.

Es gibt ja so Sachen, der Chef sagt, hey, ich habe von diesem AMP gehört oder wir wollen jetzt so eine Progressive Web App, das soll total gut sein. Huh! Thema Voice Search könnte man auch noch in gewissen Grenzen heranziehen.

Erst mal könnte ich ja sagen, hey, was interessiert mich das eigentlich? Solange das keinen Nachteil für die Website hat, lasst den Chef doch gewähren. Man muss leider manchmal sagen, solche fancy Sachen, die kosten dann leider auch richtig Geld und das Budget fehlt dann woanders. Wenn es nicht zu teuer ist, würde ich sagen, meine Güte, lass ihn gewähren, wenn er daran Spaß hat. Man sollte ihn natürlich schon darüber aufklären, dass man sich nichts davon erwartet. Aber grundsätzlich, wenn es nicht zu teuer ist, lasst ihm einfach seinen Spaß.

Ansonsten kann man auch mal einfach zum Beispiel mit Sichtbarkeit argumentieren, man kann ja ähnliche Fälle finden. Wir hatten das auch letztens, wo jemand etwas Bestimmtes wollte und wir dann zehn verschiedene Fälle herausgesucht haben, wo andere Websites diese Sache gemacht haben und man ganz klar sagen konnte, das hat überhaupt nichts gebracht, also nur was Sichtbarkeit angeht. Und das war dann auch argumentativ gut platziert und verfing dann auch als Lösungsweg.

Vielleicht noch so ein kleines Beispiel, ist nicht mehr so hundertprozentig aktuell, aber es gab in der Vergangenheit so ein Blogsystem, was viele Modeshops eingesetzt haben, und das war für Suchmaschinen nicht ganz so optimal. Und auch da war es dann wieder eben leicht zu zeigen, dass so in Bezug auf Sichtbarkeit und Backlinks hat das alles nichts gebracht. Das lag nur zum Teil am Blogsystem, das Blogsystem war auch Grütze, das konnte man relativ gut zeigen, es lag natürlich auch am generierten Content. Und mit solchen Beispielen zu arbeiten, hat sich eigentlich immer als vorteilhaft erwiesen. Also wenn man argumentativ auf der sicheren Seite war und auch wenn man das Ganze so vorgetragen hat, dass man den Chef jetzt nicht als Idiot hingestellt hat, hat das eigentlich oft funktioniert, dass man manche Sachen noch ausreden konnte.

Situation Numero 4: Der Chef macht Sachen, die noch optimiert werden könnten.

Beispiel ist: Der Chef schreibt Beiträge fürs Blog, schreibt aber über total unsinnige Themen. Wäre doch besser, wenn er die auf Suchbegriffe abstimmen würde. Muss ich erst mal sagen, ist ein Fall, der sehr selten passiert. Also aus einer Führungskraft Content heraus zu prügeln ist wirklich nicht so ganz einfach, aber trotzdem es gibt solche Fälle, ich hatte solche Fälle auch schon. Es ist schwierig, gerade weil der Chef hat sich ja auch ganz bestimmte Sachen vielleicht davon versprochen, die jetzt vielleicht mit SEO auch gar nicht so viel zu tun haben, sondern er wollte einfach nur über heißen Scheiß schreiben und hatte jetzt gar nicht so sehr SEO im Hinterkopf.

Aber manchmal, und den Fall hatten wir auch schon mal, kann man zum Beispiel aufzeigen: Hallo lieber Chef, du hast hier über 20 Themen geschrieben und zwei davon, die haben richtig gut funktioniert. Mach doch bitte mehr von diesem und weniger von dem anderen. Du kannst das andere gerne machen, das ist vollkommen okay, klar, du bist der Chef, aber wenn du Umsatz machen willst, dann mach doch bitte mehr von diesem einen konkreten Beitrag. Also da ganz klar, auf die Webanalyse zugreifen, ihm Daten präsentieren und natürlich auch sagen: Chef, ich finde es total geil, was du da machst, aber wir kriegen es noch ein Tacken besser hin.

Situation Nummer 5: Der Chef interessiert sich nicht für SEO.

Habe ich leider auch oft. Gerade so bei Mittelständlern, da gibt es, nur in manchen sehr tradierten Unternehmen natürlich, aber da sind diese Online-Leute und wir aber hier, wir machen das richtige Zeug. Das ist oft grad so in Bezug auf Fachmessen. Fachmessen sind bei manchen Mittelständlern, bei manchen B2B-Unternehmen einfach extrem wichtig, obwohl sie das laut Faktenlage eigentlich gar nicht sind. Und der einzige Weg dagegen zu argumentieren ist wirklich, sich mal die Webanalyse anzugucken und mal zu schauen, was bringt eigentlich wirklich Conversions rein?

Und dann ist es natürlich auch schön, wenn du auch die Offline-Kanäle messbar gemacht hast. Also wenn du wirklich weißt, die Fachmesse, da haben sich alle nur die Füße krumm gelangweilt. Wir haben irgendwie fünf neue Visitenkarten mit nach Hause gebracht und wir haben, weiß nicht, mit sieben Stammkunden gesprochen. Und dafür haben wir irgendwie 35.000 Euro ausgegeben. Und das ist natürlich schwierig, dann eben zu sagen, okay, wir haben hier einen Online-Kanal übrigens und da haben wir in diesem Jahr 120 Leads reingebracht und du hast von der Messe fünf mitgebracht. Wo sollten wir wohl unser Geld reinstecken? Also hier ganz klar über Zahlen argumentieren und auch eben dahinkommen, dass man eben die Alternativen auch messbar hat. Manchmal merke ich dann, dass es trotzdem vergebene Liebesmüh ist, die Entscheidung steht einfach schon fest. Okay, dann ist es halt so, aber zumindest hat man es versucht. Und es muss ja auch nie so den Weg gehen, dass man dann, weiß nicht, das eine komplett sein lässt, also auf keinen Fall mehr auf Fachmessen fährt, hey, wenn es dem Chef Spaß macht, soll er das machen. Aber vielleicht kann man einfach dahin argumentieren, dass man halt die halbe Standgröße nimmt oder mit weniger Personal hinfährt und damit vielleicht ein bisschen Budget für die Online-Welt freieist.

Ein anderes Problem bei dieser Situation ist natürlich auch das Thema mangelnde Anerkennung. Das heißt, du reißt dir den Hintern auf für dein Unternehmen, für deine Website, und dein Chef sagt immer nur: Die Fachmesse, die Fachmesse, die Fachmesse. Oder: Hey Printwerbung, Printwerbung, Printwerbung. Das ist natürlich echt blöd und vor allem ist es dann blöd, wenn du extrinsisch bist, also wenn du wirklich Anerkennung brauchst. Muss ich sagen, hier gilt eigentlich wieder das, was ich am Anfang gesagt habe, wenn das einfach überhaupt für dich nicht funktioniert, wenn du dabei unglücklich wirst, dann musst du halt einfach gehen, klar. Das ist immer eine Option.

Ansonsten du kannst ja auch mal ein paar Verbündete suchen, kannst mal gucken, sitzt da irgendwo so ein junger Heißsporn in der Sales-Abteilung, jemand, der versteht, was du machst, und mit dem du dich verbünden kannst und geile Sachen abziehst. Dann hast du vielleicht nicht die Anerkennung vom Chef, aber du hast eben vielleicht trotzdem Freunde gemacht und zusammen könnt ihr etwas machen, was dich weiterbringt, was online weiterbringt und wo der Chef dann später vielleicht trotzdem mal draufguckt. Weil die Leute aus der Sales-Abteilung, die nimmt er vielleicht ernst.

Und dann gibt es noch Situation Nummer 6. Ist schwer zu umschreiben, aber das Unternehmen nach außen nicht das macht, was es eigentlich tun sollte.

Jetzt ist es ja so, SEO ist nicht nur Onpage, sondern auch die ganzen Offpage-Sachen. Und es gibt eben manche Branchen, gerade diese ganzen YMYL, also „Your Money or Your Life“-Themen, wo es eigentlich hilfreich wäre, wenn der Chef rausgeht und Vorträge hält, Artikel schreibt, wenn er als Koryphäe anerkannt ist, wenn er gut verdrahtet ist mit anderen Experten, wenn er eine Autorität ist. All diese Sachen können auf die Website einzahlen, so muss man es sagen.

Und viele Chefs wollen das aber auch nicht. Die sind das auch ehrlich gesagt nicht. Da muss man dann leider oft sagen, hast du überhaupt keine Chance. Du wirst den Chef nicht, der eigentlich gerne in seinem Büro hockt und auf gar keinen Fall irgendwie einen raushaut, den wirst du da nicht zum Online-Experten aufbauen, was schade ist. Also ich hatte gerade letztens so einen Finanzdienstleister, wo man sagen muss, eigentlich haben die eine Superchance, aber die finden online einfach nicht statt. Die erwähnt niemand, die verlinkt auch niemand, weil sie eben auch nur Produkte haben auf der Website. In dem Augenblick, wo du hingehst und wirklich auch eine Strategie nach außen fährst und bloggst und podcastest und was auch immer, dann hast du eine Chance eben auch so nach außen hin Autorität aufzubauen und dadurch eben wieder starke Links zu bekommen, starke Erwähnungen. Und wenn der Chef das nicht will, obwohl er sicherlich die beste Person dafür wäre, hast du erst mal keine Chance.

Du kannst aber mal gucken, vielleicht findest du jemand, der da Lust darauf hat im Unternehmen. Das muss ja nicht immer der Chef sein, vielleicht ist es auch der Marketingmensch oder vielleicht ist es auch der neue Azubi, der irgendwie Bock auf sowas hat.

Und du kannst natürlich auch versuchen deinen Chef einfach weiterhin zu treten. Das heißt, wenn du zum Beispiel mitbekommst, dein Chef hält jetzt heute einen Vortrag, dann kannst du ihm eine Checkliste dafür machen, wie das Unternehmen davon profitieren kann. Also lieber Chef, schön, dass du den Vortrag hältst, hast du denn auch nach einem Link gefragt, verlinken die von diesem Investment-Club, wo du da heute sprichst, auch auf dich, auf deine Website?

Alternativ kannst du da natürlich auch nachfragen und kannst sagen: Hallo! Ich habe mitbekommen, dass mein Chef heute bei euch ist. Wir werden gar nicht von eurer Website verlinkt, das Event steht da auch gar nicht. Das ist ja komisch.

Das ist natürlich auch ein schwieriges Brett, was man bohren muss, aber gerade bei diesen Sachen muss ich sagen, da steckt echt viel Potential drin. Denn nochmal, dieses ganze EAT-Thema, Expertise, Autorität, Vertrauenswürdigkeit, das ist wichtig. Und wenn ihr euren Chef da irgendwie weiterbringen könnt oder jemand im Unternehmen findet, den ihr als Experten nach außen hin aufbauen könnt, hat das echt große Vorteile.

Zusammenfassung

Das waren sechs Situationen, die ich euch mitgebracht habe, die ich so ehrlichgesagt in der Praxis relativ oft erlebe, die in Seminaren mir Mitarbeiter erzählen. Ich hoffe, da war für euch was dabei. Nochmal vielleicht Zusammenfassung: Der Chef ist kein schlechter Mensch. Er hat nur einfach einen anderen Blick auf die Dinge. Also erst mal lebt er in einer etwas anderen Gedankenwelt und sowas wie Geld ist wichtig oder Marktanteil, und für dich ist vielleicht Sichtbarkeit wichtig oder Klicks oder sowas. Und das andere ist halt wirklich, er muss das ganze Unternehmen überblicken und er muss eine Entscheidung für viele Sachen treffen. Und vielleicht hast du ihm diese Entscheidung nicht leicht genug gemacht, weil du ihm nicht genug erklärt hast, was eigentlich der Vorteil für das Unternehmen ist, wenn diese eine Sache da passiert. Gut, das soll es gewesen sein für heute. Ich hoffe natürlich, ihr habt nicht so einen Chef. Ich hoffe überhaupt, euch geht es gut, ihr habt Spaß an dem, was ihr macht. Und ich verbleibe in diesem Fall einfach mal mit freundlichen Grüßen. Ich hoffe, dass ihr noch eine gute Zeit habt. Bleibt gesund! Und bis bald. Ciao!

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Markus Hövener

Markus Hövener ist Gründer und SEO Advocate der auf SEO und SEA spezialisierten Online-Marketing-Agentur Bloofusion. Als geschäftsführender Gesellschafter von Bloofusion Germany ist er verantwortlich für alle Aktivitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Markus Hövener ist Buchautor, Podcaster und Autor vieler Artikel und Studien rund um SEO.

Markus hat vier Kinder, spielt in seiner Freizeit gerne Klavier (vor allem Jazz) und genießt das Leben.

Ein Kommentar zu “Mein Chef ist das SEO-Problem: Strategien für Mitarbeiter [Search Camp Episode 128]”

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    Vielen Dank für diesen Artikel.

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